Hallo Ceytlin,
danke für deine interessante Antwort

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Ich denke, es gibt keine richtige oder falsche Deutung. Aber genau das finde ich so reizvoll. Jeder interpretiert ein Stück, einen Film oder ein Buch hauptsächlich aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und seiner Lebensphase und somit komplett anders.
Nicht selten habe ich nach langer Zeit an einem Musical neue Facetten entdeckt, die mir trotz mehrmaligen Hörens/Sehens bis dato verborgen blieben.
Manchmal fesselt mich ein bestimmter Charakter oder ein einzelner von mehreren Handlungssträngen. Andere Personen sind dann für mich einfach uninteressant und gehen irgendwie unter. Ich überspringe dann auch einzelne Lieder beim Hören der CDs, so dass mir zunächst einiges entgeht.
Das ist aber auch ein Grund, wieso ich die unterschiedlichen Stücke immer wieder hervorkrame. Bis ich ein Stück in seinen ganzen Aspekten kenne, kann viel Zeit vergehen. Ich liebe es aber, immer wieder Neues zu entdecken.
Du hast Recht, es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, wie die Macher eine Message verkleiden können. Ob nun direkt oder umgekehrt find ich gar nicht mal so wichtig. Zudem glaube ich persönlich eh nicht an „Gut“ und „Böse“. Sicher gibt es Eigenschaften, die man den einzelnen Oberpunkten zuordnet, aber dies macht jeder individuell und ich denke, dass jeder auch für „schlechtes“ Verhalten einfach seine Gründe und Erfahrungen hat, die man als Fremder nie wirklich verstehen kann.
Daher mag ich keine Storys, die einem sagen, dass alles gut und das Böse vernichtet wird. Tanz der Vampire z.B. sagt mir nicht, dass Prof. Abronsius das Vorbild schlechthin ist. Jeder weiß, dass die Vampire mit ihren Worten Recht haben. Es gibt Menschen, die könnten mal nachdenken, ob sie nicht auch etwas rücksichtsloser werden, um in der Welt zu überleben. Genauso auch welche, die etwas rücksichtsvoller werden sollten. Ein gesundes Zwischenmaß ist wohl am Besten.
Das sind aber alles meine Überlegungen. Der nächste sieht dies komplett anders. Finde es daher sehr interessant, sich auch mal darüber auszutauschen.
Dabei kann man von Menschen mit großem Erfahrungsschatz gerade in dem Bereich sehr viel dazu lernen. So kann man viele Musicals neu erleben und viele neue Erfahrungen machen.
Daher finde ich es auch egal, ob man ein Stück schon kennt oder nicht. Shrek kenne ich auch nur als Film und deine Worte regen mich jetzt an, es mir auch mal das Musical anzuhören.
Was du zur Rocky Horror Show schreibst, unterschreib ich. Finde es einfach faszinierend, wie viel Tiefgang in einer auf den ersten Blick puren Unterhaltungsshow ist.
Musicals sind für mich zum einen einfache Unterhaltung und bieten die Möglichkeit in eine fremde Welt abzutauchen. Zum anderen kann man aus ihnen viel für sich und seine Lebenseinstellungen mitnehmen. Manchmal kann man sogar so tief gehen, sein Umfeld dadurch besser zu verstehen, indem ein Musical einen Charakter behandelt, den man evtl. im Bekanntenkreis hat und nicht versteht. Dies ist aber nur möglich, weil viele einen Hintergrund haben und gleichzeitig nicht den Zeigefinger erheben. Es gibt zahlreiche Theater-/Filimproduktionen, bei denen es einfach nur darum geht, gewisse Problemfelder aufzuzeigen.
Wenn ich ins Theater gehe, will ich nichts interpretieren, sondern einfach das Stück genießen und mich in dessen Bann ziehen lassen. Auf der Bühne ist es für mich in der Regel reine Unterhaltung und etwas Besonderes.
Ich muss jetzt erst mal überlegen, ob ich Handlung von Musik und Text trennen kann. Es fällt mir schon schwer, also ein gewisser Bezug muss gegeben sein. Spontan fällt mir gerade Elisabeth ein. Diese typische Liebesgeschichte ist einfach nicht meins, egal in welchem Musical. Aber die Musik finde ich ganz gut. Auch gibt’s noch genug Handlung außerhalb dieser Liebesgeschichte zwischen Elisabeth und dem Tod.
Hier fiel mir z.B. schnell auf, dass Elisabeth zum einen die Vorteile ihrer gesellschaftlichen Rolle als Kaiserin genießt, sich auf der anderen Seite aber gerade von dem engen Korsett dieser Rolle gefangen fühlt. Mag natürlich auch die damalige Zeit gewesen sein, dennoch sieht man es immer wieder, wie viele Menschen etwas ausnutzen, sich nicht davon trennen, aber im Grunde damit nichts zu tun haben wollen. Dieser Schritt in Richtung Entbehrung ist kaum möglich, wäre er doch eigentlich konsequent. Natürlich ist in dem Musical durch die historische Figur ein gewisser Handlungsrahmen festgesetzt. Daher finde ich es sehr gut, wie Kunze und Levay diesen Konflikt herausgearbeitet und musikalisch dargestellt haben. Vor allem muss man es hierbei vor den gesellschaftlichen Verpflichtungen und der Stellung des damaligen Adels betrachten.
Vergleicht man dies z.B. mit der Elisabeth von Thüringen fällt schnell auf, dass hier ein anderer Umgang mit dem eigenen Überfluss gegeben ist. Hier dient natürlich eine andere historische Figur als Vorlage. Aber ich finde auch, dass die Musik vom Stil dieser Entbehrung und Aufopferung entgegen kommt. Kaiserin Elisabeth wird viel prunkvoller dargestellt, was sich auch auf das gesamte Musical erstreckt.
Ich kann mich bei beiden Musicals in die damaligen Verhältnisse und Ortschaften reinversetzen. Ein Palast in Österreich ist ganz anders als ein Landgrafenschloss in Hessen. In beiden Musicals finde ich diese ganzen Rahmenbedingungen einfach gut und vor allem passend umgesetzt.
Somit gehört für mich beides doch zusammen. Denn ohne gute Handlung verliert die Musik auch ihren Reiz. Umgekehrt aber auch. Fällt mir gerade bei den Gute-Laune-Musicals auf. Diese sprechen mich meist nicht so wirklich an, obwohl ich die Musik oft nicht schlecht finde. Aber mir fehlt bei einigen einfach der Tiefgang.
Obwohl wenn ich grade an We will rock you denke, ist da ja schon einiges für mich dabei.
Naja, jetzt erst einmal genug für heute

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Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Lukas