Tarzan, 28.12.2008, 14.00 Uhr , Neue Flora HamburgBesetzung:Tarzan: Mark van Beelen
Jane: Elisabeth Hübert
Kala: Christina Lagao
Kerchak: Ingolf Unterrainer
Terk: Rommel Singson
Porter: Japheth Myers
Clayton: Rüdiger Reschke
Junger Tarzan: Philippe Schindler
Gesangssolisten:
Melanie Ortner, Joana Fee Würz, Nadja Scheiwiller, Vinicius Gomes, Sanny J. Roumimper, Romeo Salazar
Ensemble:
Aisha Ruof, Nancy Gonzalez, Iamnia Oberste-Lehn, Paula Ferreira, Pierre Damen, Darlan De Jesus, Alexey Chumakin, Gregory Antemes, Joseph Aitken, Gianluca Passeri
Au weia, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! Es ist jetzt ja doch schon wieder einige Tage her, aber ich bin immer noch total begeistert!
Meine Schwester und ich hatten die Karten zu Weihnachten bekommen. Unser Vater hatte sich für diesen Termin entschieden (normalerweise gehen wir eigentlich lieber abends ins Theater
, weil es da noch die besten Karten vor dem 6.1. gab (also bevor meine Schwester wieder weg musste). Und es waren wirklich Hammer-Plätze! Reihe 15, ziemlich mittig, die 14. Reihe gibt es nicht, wir hatten also erstmal direkt niemanden vor uns. Nur einen Gang, und dieser wurde mitbespielt (wie so gut wie alle Gänge im Theater). Ich hab es mal ganz frech mit „wie Cats nur mit Affen statt Katzen“ beschrieben.
Das Ensemble, das durchweg aus Affen besteht (also alle, die keine näheren Rollennamen haben) bewegt sich ständig durch die Gänge, bzw. landet dort auch ab und zu mal nach einem „Flug“ durch die Luft. Überhaupt findet wirklich in der Luft mehr statt als auf dem Boden. Und zwar nicht nur auf (bzw. über) der Bühne sondern auch über den Köpfen der Zuschauer. Und das sogar ziemlich tief!
Wenn man den Zuschauerraum betritt, wird man gleich von einer dunklen Dschungelatmosphäre empfangen mit entsprechenden Geräuschen. Außerdem hörte man die wilde See rauschen und an die Wände wurden Logbucheintragungen eines Schiffes projeziert, das in einen schweren Sturm hineinfährt. Der Vorhang war eine alte Afrika-Karte.
Die Handlung, denke ich, werden die Meisten allein schon durch den Film kennen, daher werde ich sie hier jetzt nicht nochmal extra schildern.
Das Ganze hat mich so fasziniert, weil es eben etwas völlig Neues war! So eine Show hab ich noch nicht erlebt! Und das fing schon gleich mit dem „Knalleffekt“ am Anfang an (aber ich verrate jetzt nichts weiter
).
Auch der Schiffbruch von Tarzans Eltern mit dem Baby und das anschließende Stranden, wurde auf ungewöhnliche, aber für mich sehr faszinierende Weise dargestellt. Aber auch hier will ich nicht zuviel verraten, das muss man besser selbst für sich ganz neu erleben. (Wenn doch jemand zu neugierig sein sollte, kann ja per PM nachfragen und ich versuch es dann mal in Worte zu fassen^^).
Ja und dann natürlich der Dschungel! Die Wände der Bühne sind vollkommen mit grünen Lianen ausgekleidet hinter denen sich auf verschiedenen Höhen „Löcher“ befinden, durch die die Affen ein- oder aussteigen konnten. In den Wänden des Zuschauerraums waren ebenfalls Öffnungen vorhanden durch die die Darsteller die Szenerie betreten oder auch verlassen konnten. Auf dem Bühnenboden befinden sich mehrere „Podeste“, die wahlweise nach oben gefahren werden können (z. B. wenn Tarzan und Jane in der Baumkrone sitzen) oder auch in den Bühnenboden eingelassen werden können und so als Wasserstelle oder auch als Auf- bzw. Abgang für Darsteller dienen.
Ich hab vorher geschrieben, dass es außer den menschlichen Figuren nur Affen das Ensemble bilden. Das stimmte nicht ganz: In ein paar Szenen, z.B. als Jane, gerade angekommen, die Schönheiten des Dschungels entdeckt, sieht man auch ein paar Darsteller als wunderschöne Pflanzen über der Bühne schweben. Und einmal gab es einen Lichtwechsel und ich sah intuitiv nach hinten und da schwebte von der Höhe des Ranges aus ein riesiger prachtvoller Schmetterling (natürlich mit einer Darstellerin darin) langsam nach vorne über unsere Köpfe hinweg in Richtung Bühne. Das hatte so was zauberhaftes, dass ich nur mit offenem Mund, wie ein Kind staunen konnte!
Faszinierend fand ich auch die Darstellung des Leoparden, der Kalas Baby stielt und Tarzans Eltern tötet. Es war ein Darsteller in einem schwarzen Catsuit, der mit schwarzlichttauglicher Farbe als Leopard bemalt war. Vom Schwarzlicht angestrahlt sprang er (ebenfalls an einem Seil hängend) in riesigen Hechtsprüngen über die Bühne, von großen Höhen hinab auf seine Opfer oder er kletterte eben auch Bäume hoch.
Ach, es gab so viele faszinierende kleine und große Einzelheiten, alle ein Fest für die Augen (und Ohren), die ich hier gar nicht alle aufzählen kann!
Wunderschön war z.B auch die Szene mit Tarzan und Jane in den Baumwipfeln, umgeben von unzähligen kleinen Lichtpunkten. Aber wie gesagt, das muss man irgendwie selbst erleben, das kann man gar nicht alles beschreiben!
Erwähnen muss ich noch, dass die Neue Flora einfach großartig für dieses Musical geeignet ist. Der sehr große Zuschauerraum und die riesige Bühne sind für so ein „raumübergreifendes“ Musical wirklich ideal!
Die Musik ist zwar schön und hat auch ein paar nette Stücke dabei, aber ich muss sagen, dass doch so die wirklichen Hits (außer dem schon von früher sattsam bekannten „Dir gehört mein Herz“, welches ich persönlich nicht besonders mag), die beim ersten mal hören schon hängenbleiben nicht wirklich vorhanden waren. Dennoch ist sie durchaus nett anzuhören und auch passend. Das Witzige ist, dass ich die für mich eher nichtssagende Musik (mal von ein paar Liedern abgesehen) gar nicht weiter schlimm fand. Ich habe nichts vermisst! Das ist das erste Musical, bei dem ich die Musik nicht als das wirklich Wichtigste empfand. Es war einfach das Gesamterlebnis, was mich so begeistert hat! Auch die Kostüme, mal von den Phantastischen Pflanzen und Insekten abgesehen, waren passend, die Affen waren gut dargestellt, aber auch nicht mehr. Egal! Es fügte sich alles so wunderbar zu einem Gesamtbild zusammen, dass ich einfach nur begeistert sein konnte! Jedoch das, was mich hervorstechend wirklich am meisten beeindruckt hat, war die akrobatische Leistung des Ensembles! Das war teilweise schon zirkusreif! Die müssen nicht nur tanzen können (tanzen war das in den meisten Szenen auch gar nicht mehr), sondern viel mehr! Allein wie die da an den (teilweise Bungee-mäßig elastischen) Seilen rumgeturnt sind! Atemberaubend! Hut ab!
Nun möchte ich noch ein bisschen etwas über die Besetzung der Vorstellung sagen. Ich hatte keinerlei Wunsch-Cast und bin daher völlig unvoreingenommen in die Vorstellung gegangen.
Mark van Beelen (Tarzan):
Ein wirklich guter Tarzan! Also ich hab Anton Zetterholm keine Sekunde vermisst!^^ Er hat eine schöne Stimme und hat gut gespielt. Ein gewisses Talent für Komik hat er auch.
Allerdings muss ich sagen, dass die Rolle des Tarzan für mich irgendwie gar nicht so eine Wichtigkeit hatte, dafür dass es die Titelfigur ist… Gegen die Gorilla-Rollen und das phantastische Ensemble, wirkte sowohl er als auch Jane fast etwas blass. Das war aber wirklich nicht seine Schuld. Er hat seine Rolle wirklich prima ausgefüllt!
Elisabeth Hübert (Jane):
Eigentlich war mir ja die Besetzung egal. Dennoch habe ich mich gefreut, wenigstens eine des Gewinnerpaares der Casting-Show zu sehen. Ist doch schon spannend, sich mal selbst davon zu überzeugen, was sie so auf der Bühne bringt. Und sie hat mich nicht enttäuscht! Sie war eine total niedliche aber gleichzeitig selbstbewusste Jane! Sie wirkte unheimlich sympathisch und auch ihr Zusammenspiel mit Mark war ganz reizend.
An ihr ist aber auch wirklich eine Komikerin verloren gegangen! Wie sie ihre Sprüche (über den „nackten Mann“ zum Beispiel
) rübergebracht hat, herrlich! Und wie sie versucht hat, die Riesenspinne, in deren Netz sie sich verfangen hatte, mit Pusten zu verscheuchen! Zum Schreien!
Einmal, auf ihrer Erkundungstour durch den Dschungel, ist sie direkt vor uns durch den Gang gelaufen und hat etwas in ihr Buch geschrieben. Allerdings (und dafür kann sie nichts) muss ich als (ungelernte) Requisiteurin mal eine Kritik anbringen: Der Stift, mit dem sie in ihr Buch „geschrieben“ hat, funktionierte nicht (sollte er wohl auch gar nicht) und so blieben die Seiten leer. Und das, wo sie mit dem Rücken direkt zu den Zuschauern steht! Da hätte ihr die Requisite ja ruhig mal einen echten Stift geben können und dann eben mal ab und zu das Buch austauschen… Also bei uns am Theater hätt`s da für mich nen Anpfiff gegeben
Christina Lagao (Kala):
Großartig! Warum ist sie nicht Erstbesetzung? Nichts gegen Ana Milva Gomez, ich kenne sie ja nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie besser sein kann als Christina! Toll, dass man auch in der Zweitbesetzung so eine Qualität (sowohl von der Stimme als auch vom Darstellerischen her) geboten bekommt!
Obwohl sie sehr eindrücklich einen Gorilla dargestellt hat, war sie doch so menschlich (im positiven Sinne), dass sie mich wirklich gerührt hat. Besonders wie sie mit dem kleinen Tarzan umgegangen ist, war einfach süß! Und die verzweifelte Mutter, die hin und hergerissen ist zwischen der Liebe zu ihrem Mann und ihrem Ziehsohn, habe ich ihr voll und ganz abgenommen!
Ingolf Unterrainer (Kerchak):
Auch er, nicht die Erstbesetzung, war absolut beeindruckend in dieser Rolle. Er hat eine unheimlich schöne, tiefe Sprech- und Singstimme. Dazu hat er eine sehr respekteinflößende Ausstrahlung. Daneben ist er aber wieder so süß in seinem Verhalten zu Kala, dass man ihn (mit seinem dicken Pelz) einfach knuddeln möchte. Also ich war mit dieser Besetzung vollends zufrieden!
Rommel Singson (Terk):
Tja, was soll ich noch sagen? Ein kleiner wuscheliger Clown, der wirklich 90 % des Stückes in der Luft verbringt! Ich hab zwar nicht alles verstanden, was er gesungen hat, aufgrund seines Akzents, aber das hat er durch seine komische Art und die unheimliche Energie des Spiels wieder wettgemacht. Er war auch, glaube ich, der Einzige, der mit dem Kopf nach unten solo gesungen hat! Ohne dass man es gehört hätte! Hut ab! Er ist wirklich eine gute Verkörperung des kleinen Knuddelchaoten aus dem Film!
Japheth Myers (Porter):
Der Vater von Jane, ist ein sympathischer etwas verwirrter Professor (ein bisschen so wie der Vater von Belle). Japheth Myers spielt ihn sehr niedlich. Wunderbar im Umgang mit seiner Tochter. Man nimmt ihm den liebenden Vater ohne weiteres ab. Herrlich, wie die beiden vor Freude herumhüpfen, weil Jane eine seltene Insektenart (mit kompliziertem lateinischen Namen) entdeckt hat!
Schön, wie er die schwere Entscheidung gegen seine Karriere, für die Erhaltung der Natur dargestellt hat.
Rüdiger Reschke (Clayton):
Ja, ich muss ja gestehen, er war (obwohl der absolute Bösewicht), fast schon mein Liebling des Tages!
Er war so schön fies! Ein wirklich toller Darsteller. Er musste zwar nicht singen, aber dafür hat er gespielt was das Zeug hält! Und seine Sprechstimme ist unheimlich schön (finde ich jedenfalls
). Beim Schlussapplaus hat er ersmal ganz böse ins Publikum geschaut und sich dann lächelnd verbeugt. Ein sympathischer Schurke!
Philippe Schindler (junger Tarzan):
Meine Schwester und ich haben im ersten Moment beide das Gleiche gedacht: „Hoffentlich bricht der nicht durch!“ Der Lütte war wirklich spargeldünn!
Die Beinchen und die Ärmchen! Aber so sind kleine Jungs wohl manchmal in dem Alter…:D Und mutig ist der Junge gewesen! Der ist oft in schwindelerregender Höhe durch die Luft geflogen, da wäre mir schon schwummerig geworden! Gesungen hat er ganz gut, nur sein Spiel war teilweise noch recht hölzern. Vielleicht hat er die Rolle noch nicht so oft gespielt. Er hätte für mich noch etwas frecher, etwas selbstbewusster sein können. Es sah noch etwas sehr einstudiert aus. Aber vielleicht muss er sich auch erst noch etwas einspielen.
Fazit: Wer mal ein ganz, rundum faszinierendes, neues Musical erleben möchte und sich ohne sich auf bestimmte Darsteller zu fixieren einfach mal von einem großartigen Gesamterlebnis verzaubern lassen möchte, dem kann ich einen Besuch bei Tarzan in Hamburg nur wärmstens empfehlen!
P.S.: Was mich ebenfalls umgehauen hat, und was ich hier unbedingt nochmal loswerden muss, sind die unverschämten Preise, die dort herrschen! Nicht nur, dass die Karten horrend teuer sind, im Foyer geht es ja noch weiter! An der Garderobe nehmen sie 2,00 € pro Jacke! Und das Programmheft (das für mich genauso wie ein Heft mit der Cast, was früher ja noch beides in einem verkauft wurde) hat zusammen mit dem Cast-Heft 20 Euro gekostet! Das sind 40 DM! Da fällt einem nix mehr zu ein! Bei Wicked haben sie ja immerhin noch beide Hefte zusammen für 15 € verkauft, aber hier… Aber die Leute bezahlen es ja!
Trotzdem muss ich sagen, dass ich so was einfach eine Frechheit finde!
P.P.S.: Ich hab ja ein klein wenig den zimperlichen kleinen Elefanten aus dem Film vermisst... Aber das wär auf der Bühne wohl doch etwas schwierig geworden!