Ui, eine neue Leserin. Freut mich, dass dir die Geschichte gefällt, Claudia21
So, bevor die Uni am Montag wieder losgeht, gibts noch einen weiteren Teil.
Viel Spaß damit!„Ich?“, hörte ich mich keuchen. Bob nickte. Ich schaute mich um.
War das wirklich der Ernst von allen hier um mich herum? Ich sollte Constanze spielen, eben mal so vor einem riesigen Publikum stehen und eine Rolle mimen, für die ich noch nie geprobt hatte?
Leon blickte ebenfalls zu Bob, scheinbar hatte er auch noch keine Ahnung, was er von diesem Vorschlag halten sollte. Ich schaute zu Svenja. Sie erwiderte meinen Blick und etwas Bestimmtes lag darin. Ich hatte von ihr am ehesten einen Protest erwartet.
„Du kannst es.“, flüsterte sie und durchbrach somit das angespannte Schweigen. „Wenn das jemand packt, dann bist es du, Nora.“
Nun schaute auch Leon zu mir und nickte. Hatten sich denn alle diese Flausen in den Kopf setzen lassen?
„Wie kann ich in nichtmals 5 Stunden auf der Bühne stehen?“, brachte ich hervor. Ich wusste nicht, ob ich wütend, erschrocken oder aufgeregt sein sollte.
„Nora, du hast mit dem Ensemble geübt. Du hast die Show wohl am Häufigsten gesehen.“, versuchte Bob mich umzustimmen. „Genau.“, stimmte auch Svenja mit ein und fuhr fort: „Wir haben so oft zusammen getanzt, die Bewegungen der ehrlichen Familie kannst du. Und auch gesanglich ist die Rolle wie für dich geschaffen.“ – „Hast du nicht auch im Gesangsunterricht Lieder von Mozart gesungen? Da waren doch bestimmt die von Constanze ganz oben auf der Liste.“, meinte nun auch Leon. „Außerdem haben wir zusammen so viel geprobt, du kannst die halbe Rolle schon.“ Ich schaute zu Boden: „Aber ich kann nicht schauspielen.“ – „Nora, du würdest es schaffen, wenn du es nur versuchst.“, sagte Leon sanft.
Nun mischte sich der Mann am Fenster wieder ein und hielt mir vor, dass ich es als Chance für mich sehen müsste, als Chance auf der Bühne zu stehen. „Das willst du doch, oder?“, erkundigte sich Bob. „Ja.“, gab ich leise zurück. Abermals ruhten alle Blicke und Erwartungen auf mir.
Ich rang innerlich mit mir bis ich schließlich sagte: „Okay, ich versuchs.“
Sofort machte sich ein geschäftiges Treiben breit. Cast, Musiker und Techniker mussten für eine spontane Probe zusammengerufen und alles für den Abend geregelt werden.
„Zuerst suchen wir dir die Kostüme zusammen. Das ist schon mal eine wichtige Sache.“, erklärte Bob, während er sich gefolgt von Leon und mir, auf den Weg zu den Garderoben machte. Erstmal mussten passende Kleider gefunden werden, wobei Leon mich währenddessen schon den halben Text abfragte.
„Du bist doch Multitasking fähig.“, neckte er mich, wenn ich mit Kleid anprobieren und Text aufsagen nicht klar kam. „Ja, aber du konntest deinen Text nicht sehr viel besser, bevor du ihn intensiv gelernt hast.“, gab ich etwas patzig zurück.
Es war ein Glück, dass ich die Texte alle gelernt hatte, als ich Leon abgefragt hatte. Aber das war nun schon eine ganze Weile her. Auch wenn ich die Show oft gesehen hatte, entfiel mir doch an der einen oder anderen Stelle der Wortlaut.
Letztendlich hatten wir alle Kleider gefunden. Zum Glück war ich ungefähr so gebaut wie auch Svenja, so dass mir fast alle ihrer Kostüme passten. Nur der schwarze Umhang war von Tonia.
Mit den Schuhen wurde es schwieriger. Svenjas Füße waren ein ganzes Stück kleiner und ich konnte mich unmöglich in ihre engen Schuhe quetschen. Auch Tonia hatte die gleiche Schuhgröße wie Svenja. Einzig Natalie hatte größere Schuhe. Diese waren mir allerdings schon wieder zu groß. Doch es half alles nichts. „Größer ist besser als kleiner.“, kommentierte Bob und beschloss mir die großen Schuhe bereitzustellen. „Pass nur auf, dass du nicht stolperst.“, mahnte Leon halb im Scherz, halb besorgt. „Hör bloß auf, die Angst davor ist bei mir allein schon groß genug.“, gab ich zu.
Als nächstes wurde mir von allen Seiten erklärt worauf ich während der Show zu achten hatte. Es trudelten auch schon vereinzelte Castmitglieder, die dem Notruf folgten, ein. Alle waren sehr erstaunt, sprachen mir aber Mut zu. Dass meine Aufregung dadurch nur noch stieg, war eine andere Sache.
Schon bald ging es hinüber zur Bühne und Svenja, die scheinbar unablässig redete, erklärte mir, wo ich wann langgehen musste. Es war so verwirrend, dass ich nur zu gut verstehen konnte, dass sie zu Beginn immer anders lief, als sie eigentlich sollte.
Es waren nur noch 3 Stunden bis zur Show als die Proben begannen, wenn man das so nennen konnte. Das Orchester und die Techniker waren ebenfalls früher gekommen, um die Szenen, in denen ich auf der Bühne erscheinen sollte und hoffentlich auch würde, wenigstens einmal durchzugehen.
So bekam ich zum ersten Mal eines der Mikros und los ging es. Ich verhedderte mich unglaublich oft und immer wieder vergaß ich, was ich an der Stelle eigentlich zu sagen oder wo ich hinzugehen hatte. Mein Herz schlug schon unglaublich schnell, als ich nur vor diesem leeren Saal sang und spielte. Es war ein seltsames Gefühl seine eigene Stimme so verstärkt und mit der Livemusik zu hören, aber auch ein unbeschreiblich tolles. Vor allem das Duett mit Leon machte Spaß, war jedoch schauspielerisch ziemlich anspruchsvoll.
Als wir soweit durch waren, hatte ich das Gefühl das könnte niemals etwas werden, aber alle versicherten mir, dass sie sich bei ihrer ersten Probe sehr viel ungeschickter angestellt hatten. Nur war deren erste Probe nie gleichzeitig das Put-in gewesen.
Als wir kurz vor der Show in die Maske eilten, waren restlos alle angekommen und die Nachricht, dass ich spielte, hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Svenja zeigte mir sogar den Besetzungszettel des Abends, auf dem geschrieben stand: Constanze Weber: Norina Bauer.
Meinen Namen auf einer solchen Liste zu lesen, hatte ich mir immer gewünscht, doch dass es so schnell geschah, hatte ich mir nie erträumt.
Als die Verwandlung zu Constanze gänzlich vollendet war, verabschiedete sich Svenja von mir: „Du siehst toll aus. Und so toll wirst du auch spielen, ich glaub ganz fest an dich.“ – „Danke. Ich hab nur Angst, dass so viel schief geht oder ich dann da stehe und nicht mehr weiß wie es weiter geht.“, erklärte ich. „Och du, das kenn ich. Aber was sagte eine liebe Freundin zu mir: Wenn das passiert, dann ruf ich dir den Text zu.“. Sie zwinkerte kurz und verschwand.
Die Durchsage, die den Beginn der Show ankündigte, erklang und ich stand zitternd hinter der Bühne. Dies sollte nun mein erster großer Auftritt werden. „Ich denk an dich. Toi, toi, toi.“, waren Leons letzte Worte, bevor ich klopfenden Herzens langsam hinaus auf die Bretter, die die Welt bedeuten, schritt.
~*Niemand nimmt mir meine Träume und schließt meine Sehnsucht ein, wo es Liebe gab und Freiheit wird mein Herz für immer sein*~