Goldener Käfig

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ChristineDaae
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Goldener Käfig

Beitragvon ChristineDaae » 14.04.2007, 17:18:54

Ich weiß, schon die dritte Sisi-FF in diesem Forum, aber ich hatte grade so eine gute Idee :wink:

Inhalt: Die Geschichte der "Musical"- Elisabeth, aus ihrer Sicht

Genre: Romantik, vielleicht ein bisschen Mystery...

Disclaimer: Kunze, Levay und die Vereinigten Bühnen Wien


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1. Kapitel - Possenhofen

Ich erinnere mich noch genau an diesen warmen Tag im Frühling 1853. Sagte ich "warm"? Nein, richtig heiß war es! Ich hatte trotz des schönen Wetters schlechte Laune. Papa war gerade nach München abgereist. Außerdem hatte Mama mir verboten, heute auszureiten, weil sie die ganze Familie für den Nachmittag erwartete. Dabei wäre ich so gern auf Diavolo über Baumstämme und Hecken gesprungen! Mama hatte immer Angst, wenn ich diesen Hengst ritt. Ein Stallbursche hatte ihr erzählt, er sei gefährlich. Ich verstand nicht, was er meinte; bei mir war er immer ganz lieb, und bei Papa auch.

Am Nachmittag, als die ersten Verwandten eintrafen, zog ich mich in meinem Zimmer um. Plötzlich hielt ich inne und lauschte. Ich hatte deutlich gehört, wie jemand meinen Namen flüsterte. Verwundert sah ich mich um, konnte aber niemanden entdecken.
Schließlich kam ich zu dem Schluss, dass ich mich wohl geirrt hatte. Flink zog ich noch die passenden Schuhe zu meinem weißen Kleid an und band mir eine hellblaue Schleife ins Haar. Mit einem Seufzer betrachtete ich mein Spiegelbild und schnitt mir eine Grimasse. Meine Zimmertür öffnete sich und die Gouvernante kam herein. Missmutig blickte ich ihr entgegen; ich konnte im Allgemeinen die Menschen nicht leiden, de mir etwas vorschrieben (oder es versuchten...).

Also ich die breite Eingangstreppe unseres Schlösschens hinunterging und mein Blick auf die aufgetakelte Verwandtschaft fiel, hatte ich plötzlich eine Idee. Ungeachtet den strengen Rufen der Gouvernante lief ich los zu der Schaukel, die im Park am Ast einer großen, dicken Buche gut befestigt war. Ich würde unsere angestaubten Familianangehörigen mal etwas aufmischen!
Rasch stieg ich auf die Schaukel und vollführte in schneller Folge alle Zirkusübungen, die mir gerade einfielen. Von unter ertönten erschrockene Rufe und ich sah hinunter um zu sehen, was die liebe Familie so beunruhigte.
Plötzlich fühlte ich, wie ich langsam, aber sicher von der Schaukel glitt. Erschrocken versuchte ich noch, mich festzuhalten, aber meine Finger glitten ohne Halt über die raue Baumrinde und Sekunden später trennte ich mich endgültig von der Schaukel und stürzte dem Erdboden entgegen.
Im Fallen sah ich noch, dass unter mir jemand stand. Ich hatte ihn noch nie gesehen; es war ein groß gewachsener, schlanker Mann mit blonden Haaren. Er trug einen schwarzen Mantel. Ich werde nie den Tonfall vergessen, in dem er meinen Namen rief.
»Elisabeth!«

Er fing mich auf, und doch hatte ich das Gefühl, auf den Boden aufzuprallen. Mir wurde eine Sekunde schwarz vor Augen, so kurz, dass ich nicht wusste, ob ich bewusstlos geworden war oder nur die Augen schloss. Als ich sie wieder öffnete, lag ich in seinen Armen.
»Wer bist du?«
Er gab keine Antwort, sondern trug mich – ja, wohin eigentlich? Ich sah mich um, aber um und herum war alles schwarz. Eine Weile trug er mich schweigend und ich sagte nichts. Aufmerksam beobachtete ich ihn. Sein ebenmäßiges Gesicht zeigte keinerlei Gefühlsregung, nur in seinen unergründlichen dunklen Augen blitzte etwas auf, das ich nicht deuten konnte.
Auf einmal horchte ich auf. In der Ferne waren Stimmen, leise und verworren. Sie riefen meinen Namen.
Wieder sah ich mich um, aber sosehr ich mich auch bemühte, meine Augen konnten die Dunkelheit nicht durchdringen. Ich sah wieder den jungen Mann an und wunderte mich, dass er damit keine Probleme zu haben schien. Er sah, wo er hinging. Plötzlich blieb er stehen.
»Elisabeth...«
Wieder dieser Ausdruck, diesmal in seiner Stimme, von dem ich nicht wusste, was er zu bedeuten hatte.
»Es ist Zeit«, fuhr er fort.
Ich verstand nicht. Zeit wofür? Er schien die stumme Frage aus meinen Augen abgelesen zu haben.
»Ich muss dich zurückbringen.«
Ich antwortete nicht. Er trug mich weiter durch die Dunkelheit. Irgendwann schloss ich die Augen. Vielleicht bin ich eingeschlafen, ich weiß es bis heute nicht. Wenn, dann war es ein traumloser Schlaf.
Ich weiß nur, dass ich, als ich die Augen wieder aufschlug, auf meinem Bett lag und Mama neben mir stand und den Doktor rief. Ich ließ seine Untersuchung stumm über mich ergehen. Tausende Gedanken wirbelten durch meinen Kopf.
Was wollte er? Warum kannte ich ihn nicht? Wo kam er her? Wo ging er hin? Würde ich ihn wiedersehen? Warum hatte er mir nicht gesagt, wer er war? Was hatte er gefühlt die ganze Zeit?
So viele Fragen. Ich weiß noch, dass ich damals überzeugt war, auf keine Frage je eine Antwort zu bekommen.
Zuletzt geändert von ChristineDaae am 15.04.2007, 11:30:34, insgesamt 1-mal geändert.
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jellimmy

Beitragvon jellimmy » 14.04.2007, 17:50:24

schöne geschichte, es gefällt mir, wie du schreibst.
ein paar kritikpunkte habe ich allerdings doch.
ich finde die stelle, bei der sisi von der schaukel hinunterfällt hätte NOCH besser sein können, aber dafür liebe ich deine beschreibung vom tod. besonders der satz "Ich werde nie den Tonfall vergessen, in dem er meinen Namen rief." total schön und passend, weil der tod im musical ja wirklich oft nach elisabeth ruft.
was aber unlogisch ist, sind die fragen, die sisi stellt. "Wer hatte mich aufgefangen?". im musical singt sie, wenn ich mich nicht irre, "ja ich weiß, du bist der tod und alle fürchten dich.", also wusste sie wohl, wer er war.

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Beitragvon Kitti » 14.04.2007, 18:25:43

Ein schöner Anfang! :) Mir gefällt dein Stil und deine Art, die Szene zu beschreiben. Auch die Beschreibung des Todes ist dir gut gelungen.
Die Gefühle der jungen Elisabeth kommen gut zur Geltung. Wirst du noch weiter schreiben? Bin jedenfalls gespannt, wie du die ältere Sisi beschreiben wirst. :) Nur weiter so!

Ach ja, der Titel ist toll ausgewählt! Das Vöglein ist den Käfig geflogen, kann man es dem Volk verdenken, dass es das Tierchen besichtigen will? Eine Rarität! In Freiheit geboren und noch nicht dressiert. ;)
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Beitragvon Marie Antoinette » 14.04.2007, 19:22:44

Jetzt hast du auch eine Eli-Geschichte geschrieben, so eine schöne Überraschung!

Ich hoffe du schreibst noch weiter, der Anfang ist schonmal ganz gut geworden... :D

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Beitragvon Nadine0003 » 14.04.2007, 20:00:04

Super, noch eine neue schöne Fanfic, die ich verfolgen kann.:)
Der Anfang gefällt mir sehr gut, ich hoffe doch, du schreibst bald weiter.
l.g.
Nadine :-)

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Beitragvon ChristineDaae » 15.04.2007, 11:13:07

Erstmal vielen Dank für eure Kommis! :D

@Jelimmy: Ja, im Musical weiß sie es... Hm... Wenn ich Zeit hab, änder ichs mal, bis dahin ists künstlerische Freiheit. :wink:

@Kitti: Ja, klar, sobald mir wieder was einfällt, schreib ich weiter.
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Beitragvon ChristineDaae » 15.04.2007, 11:31:14

@Jelimmy: So, hab jetzt ein paar Kleinigkeiten geändert. Ist das besser? :)
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Beitragvon jellimmy » 15.04.2007, 12:29:11

ja jetzt gefällt es mir sehr gut. :D
schreib bitte schnell weiter. :wink:

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Beitragvon ChristineDaae » 15.04.2007, 16:12:59

@Jellimmy: Hab schon weitergeschrieben... Hier kommt Teil Nummer zwei.
Keine Ahnung, ob man da "Viel Spaß" wünschen kann... lest einfach selbst. :wink:


2. Kapitel – Auf der Roseninsel

Ich saß in meinem kleinen Ruderboot und hielt auf die vor mir liegende Insel zu. Mama hatte mich nicht gehen lassen wollen, nicht so kurz, nachdem ich von der Schaukel gestürzt war, aber in einem unbeobachteten Moment war ich einfach schnell und leise aus dem Fenster geklettert. In einer Ecke hatte ich geglaubt, den jungen Mann zu sehen, der mich gestern aufgefangen hatte, aber als ich genauer hinsah, war er verschwunden. Vielleicht hatte ich es mir nur eingebildet.
Ich sah über den See. Aus dem leichten Nebel trat jetzt deutlicher die Insel hervor, die ich schon vorher angefahren hatte. Ich war noch nie dort gewesen, wollte mir dieses kleine Eiland aber unbedingt mal genauer ansehen.
Als mein Boot knirschend auf Sand auffuhr, sprang ich leicht hinaus und zog es an Land, wo ich es gut an einem nahe stehenden Baum vertäute.
Ich richtete mich auf und sah mich um. Ungläubig weitete ich die Augen. Die ganze Insel war von Rosen übersät, wilden, roten Rosen, die einen beinahe betäubenden, starken Duft ausströmten. Ich atmete tief ein und konnte mich nicht sattsehen an den wunderschönen Blüten. Warum hatte ich das nur noch nie entdeckt? So weit vor Possenhofen lag diese Insel ja nicht.
Ich lief los, rannte zwischen den Rosen hindurch. Aus irgendeinem unbeschreiblichen Grund fühlte ich mich glücklich, so glücklich, dass ich die Arme ausbreitete, mich in die Rosen fallen ließ und laut lachte.
Erst viel später fiel mir auf, dass mich kein einziger Dorn auch nur berührt hatte.
Als ich wieder aufstand, sah ich hinter einigen großen Rosenstöcken ein Gebäude, beinahe wie einen kleinen Tempel, an dem sich auch die Rosen hochrankten. Und an den Säulen am Eingang lehnten zwei Gestalten.
Plötzlich wurde ich sehr schüchtern und unsicher. Die Insel gehörte mir ja nicht, ich war hier einfach eingedrungen. Würden die Besitzer nicht sehr böse auf mich sein?
Einen Moment schwankte ich, ob ich nicht einfach zu meinem Boot zurücklaufen und fortfahren sollte. Dann aber überlegte ich es mir anders und ging näher.
Beim Herankommen sah ich, dass einer der Männer mich schon die ganze Zeit beobachtete. Es war der junge Mann von gestern. Er lehnte einfach an der Säule und sah mir entgegen. Ich glaubte, selbst aus dieser Entfernung schon seine leise Stimme zu hören, obwohl er sich nicht bewegte. Er stand regungslos da und die Stimme an meinem Ohr flüsterte, »Komm zu mir... Meine Elisabeth...«
Wie in Trance ging ich näher. Auf einmal wandte auch der andere Mann den Kopf und sah mich kommen.
»Sisi!«, rief er mir entgegen.
Ich war vollkommen perplex und blieb stehen. Der zweite Mann, der mir jetzt entgegen lief, war niemand anderer als König Ludwig von Bayern.
»Ludwig...« Mehr brachte ich nicht heraus, als er mich jetzt erreichte.
»Sisi, was machst du denn hier? Ich wollte dich schon lange zu mir auf die Roseninsel einladen, gefällt es dir?«
Die Frage verwirrte mich. Mir ging das alles jetzt zu schnell. Warum war er auf Ludwigs Roseninsel? Wegen mir? Oder wegen Ludwig? Ich verstand das alles nicht...
»Alles in Ordnung, Sisi?«
Jetzt erst wurde mir bewusst, dass ich Ludwig eine ganze Weile sprachlos angestarrt hatte. Schuldbewusst zuckte ich zusammen und sah zu dem kleinen Tempel zurück. Er war verschwunden.
»Ja, Ludwig, alles in Ordnung. Ich glaube, ich fahre jetzt wieder...«
»Jetzt schon?«
Ludwig hob leicht enttäuscht die Augenbrauen.
»Ich hatte gehofft, wenn du jetzt schon mal da bist...«
Mir fiel auf, dass er den Satz nicht beendete. Ich wollte eigentlich nachfragen, überlegte es mit dann aber in letzter Sekunde anders. Eigentlich wollte ich es gar nicht so genau wissen.
»Nein, wirklich, ich sollte... Ich muss gehen, Mama weiß nicht, dass ich losgefahren bin...« Mit diesen Worten lief ich auf mein Boot zu, löste mit zitternden Fingern den Knoten, der es dort gehalten hatte, und stieg hinein. Ludwig sah regungslos zu.
»Du kannst mich ja mal wieder besuchen kommen, Sisi«, schlug er vor. »Ich werde warten.«
Ich nickte, etwas gezwungen lächelnd, ohne seine Worte überhaupt genau gehört zu haben, und ruderte los. Als ich ein letztes Mal zurückblickte, hastig wie ein gehetztes Tier, standen sie wieder zu zweit am Strand.
Zuletzt geändert von ChristineDaae am 16.04.2007, 17:12:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Marie Antoinette » 15.04.2007, 16:40:38

Schön, ein neuer Teil! :D Gefällt mir wieder gut, ist ganz interessant, dass sie glaubt, den Tod ausgerechnet auf Ludwigs Roseninsel zu sehen...

Nur eines ist mir nicht ganz klar:

hatte ich mich einfach auf dem Fenster fallen lassen

Meinst du "aus dem Fenster fallen lassen"? Und wäre es nicht besser zu schreiben, dass sie aus dem Fenster geklettert ist? Nur so ein Vorschlag...

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Beitragvon Kitti » 15.04.2007, 18:46:20

Da kann ich Elektra nur zustimmen. Gut gelungen! :)
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Beitragvon Nadine0003 » 15.04.2007, 20:04:12

Ich schließe mich meinen beiden Vorgängern an, auch dieses Kapitel ist wieder sehr gut gelungen.:D
Bin gespannt wie es weiter geht.
l.g.
Nadine :-)

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Beitragvon ChristineDaae » 16.04.2007, 17:11:12

@Elektra:m Ups, ja... wollte das auch schreiben... Hm, da war ich wohl mit dem Gedanken woanders. Ich änders gleich mal. :wink:
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Beitragvon ChristineDaae » 18.04.2007, 19:34:53

So, mal wieder Zeit für einen neuen Teil... Hier kann ich auch wieder getrost viel Spaß wünschen. :wink:

3. Kapitel – Bad Ischl

Einige Wochen später brachen Mama, Nené und ich nach Bad Ischl auf. Papa, raffiniert wie immer, hatte natürlich „zu tun“ und konnte unmöglich zu dem Familientreffen erscheinen. Ja, Familientreffen, wir trafen uns dort mit Mamas Schwester, meiner Tante Sophie, und ihren beiden Söhnen: Karl Ludwig, meinem früheren Verehrer, und Franz Joseph, dem Kaiser von Österreich.
Ich wusste nicht, warum ich überhaupt mit sollte zu diesem Treffen. Ich hatte ja nichts damit zu tun, dass Mama und Nené fahren wollten...
Aber jetzt saß ich eben in der holprigen Kutsche und musste aus dem langweiligen Familienausflug das Beste machen.
Trübselig starrte ich aus dem Fenster und sah die wunderschöne Landschaft vorbeiziehen. Wie gerne wäre ich jetzt da draußen gewesen, geritten, mit Papa auf die Pirsch gegangen oder im See geschwommen. Aber ich saß nun hier, mit Mama und Nené, beide merkwürdig zurechtgemacht wie für einen besonderen Anlass. Nur weil der Kaiser kam?
Der konnte mich mal! Und an irgendein Zeremoniell würde ich mich diesem Hofaffen zuliebe auch nicht halten! Nein. Die sollten mich mal mit ihrem Blödsinn in Ruhe lassen... Auch in Bad Ischl konnte man sicher schön spazieren gehen, irgendwo durch den Wald oder so.
Mama riss mich aus meinen Gedanken. Sie hatte mich irgendwas gefragt.
»Was?«
»Ich wollte dir nur sagen, dass du zum Bankett nicht mitkannst, Sisi. Dafür bist du noch zu jung.«
Zu jung?
Ich machte mir nicht aus dem Bankett, das war mir sowieso zu langweilig und zu steif, aber solche Redensarten wie „Dafür bist du zu klein“ konnte ich nicht ausstehen. Ich schob das Kinn vor und sah Mama angriffslustig an.
»Und ich gehe doch!«
»Aber Sisi!«
Damit hatte sie wohl nicht gerechnet.
»Du magst Bankette doch auch gar nicht...«
»O doch!«, behauptete ich mutig. Mir war klar, was ich mir damit einhandelte, aber wenn ich diesen kleinen Kampf gewann, würde ich das ganze dumme Bankett lang ein Hochgefühl des Sieges haben, das wusste ich. Und ich hatte nicht vor, mich geschlagen zu geben, das hatte ich noch nie getan.
Mama seufzte. »Naja, also... Wenn du wirklich unbedingt mit willst, dann komm halt mit...«
Ich lächelte siegesbewusst.
»Danke, Mama.«

Damit war das Gespräch beendet und wir sahen wieder alle drei aus dem Fenster.
Nach weiteren drei Stunden Fahrt kamen wir endlich in Bad Ischl an, wo uns schon eine schlecht gelaunte Tante Sophie erwartete.
»Warum kommt ihr erst jetzt?«, hielt sie uns vor.
Mama seufzte und versuchte, zu erklären, dass wir in ein Unwetter geraten seien.
»Wir brauchen jetzt ein wenig Ruhe...«
»Wo denkst du hin?« Tante Sophie dachte gar nicht daran, sich zu beruhigen. »Der Kaiser erwartet euch um vier!«
»Was, schon?« Mama begann wie ein aufgescheuchtes Huhn herumzuwuseln. Ich stand daneben und bemühte mich vergeblich, nicht zu lachen.
»Max lässt sich entschuldigen, er hat zu arbeiten... Aber ich habe Sisi mitgebracht!«, erklärte sie Tante Sophie.
Meine Tante nickte mir kurz zu und sah mich missbilligend an. Dann sah sie hinüber zu Helene und dann wieder zurück zu mir.
»Das Kleid ist ganz unmöglich. Und diese Frisur – so kannst du doch nicht zum Kaiser!«
Ich konnte beim besten Willen nicht sagen, ob sie Nené gemeint hatte oder mich. Das sah ich erst, als Nené eifrig anbot, sich umzuziehen. Sophie schnitt ihr aber sofort mit einem Blick auf die Uhr das Wort ab.
»Das geht nicht mehr! Einen Kaiser lässt man nicht warten!«
Um Himmels willen, was machte diese Frau für ein Theater darum, dass ihr Sohn ein Kaiser war? Dafür interessierte sich doch niemand – Na gut. Ich interessierte mich nicht dafür. Alle anderen wahrscheinlich schon.
In einem großen schönen Saal nahmen wir alle fünf Platz – Nené, Mama, Tante Sophie, der Kaiser und ich. Karl Ludwig war nicht da. Ich hatte ihn draußen kurz gesehen, aber für mehr als ein kurzes, freundliches Zunicken war keine Zeit gewesen. Mir war langweilig und ich musterte den mir schräg gegenübersitzenden Kaiser Franz Joseph. So kritisch ich ihn auch anblickte, an seinem Aussehen war wirklich nichts auszusetzen – außer vielleicht dem Schnurrbart, aber den trugen zur Zeit ja alle, das war eben Mode.
Nun verstand ich auch endlich, warum wir überhaupt nach Ischl gefahren waren. Wider Willen musste ich grinsen. Mama und Sophie wollten Nené mit Franz Joseph verkuppeln! Eindeutig.
»Franz, sag, wie gefällt dir denn deine reizende Cousine?«
Franz sah einen Moment zu Boden und vertraute dann seiner Mutter an: »Sie hat so liebe, sanfte Augen – und Lippen, rot wie Erdbeeren! Auf dem Ball heute Abend tanze ich nur mit ihr.«
»Er mag dich!«, flüsterte Mama Nené zu, die vor Aufregung ganz rote Wangen bekam.
»Lad sie ein!«, riet Tante Sophie gleichzeitig Franz. »Geh zu ihr und nimm sie in den Arm!«
Ich konnte von meinem Platz neben ihr gut sehen, dass Nené fast zitterte vor Erwartung, als der Kaiser auf sie zuging.
Aber – halt, was war das? Er ging nicht auf Nené zu. Vor mir blieb er stehen. Völlig verblüfft stand ich auf und hörte Mamas und Sophies erschrockene Kommentare:
»Wie?«
»Die?«

Ich konnte es gar nicht glauben, drehte mich zur Seite und sah aus dem Fenster – Und auf einmal sah ich am Fensterrahmen jemanden lehnen. Jemanden, den ich seit einigen Wochen sehr gut kannte...
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Beitragvon Nadine0003 » 18.04.2007, 22:47:58

Oh, ein neues Kapitel. Hat mir super gefallen. Hach, ich liebe einfach Geschichen, wo der Tod drin vorkommt^^. BIn schon sehr gespannt wie es weiter geht. Jetzt habe ich heute sogar noch 2 neue Kapitel vor Prüfung lesen dürfen. Vielen Dank dafür. So eine Ablenkung ist immer gut. :)
l.g.
Nadine :-)

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Beitragvon Marie Antoinette » 19.04.2007, 18:27:25

Mir gefällt der neue Teil auch wieder sehr gut! Mach weiter so! :D

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jellimmy

Beitragvon jellimmy » 19.04.2007, 18:41:57

ich finde es toll, dass du da den tod eingebaut hast. ich muss nadine recht geben, ich liebe auch geschichten mit dem tod. :wink:

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Beitragvon ChristineDaae » 20.04.2007, 17:03:36

*ggg* Hab ich mir doch gedacht... Außerdem liebe ich die Geschichten mit Tod auch, und ich will doch ein gutes Vorbild sein... :wink:
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Beitragvon Kitti » 20.04.2007, 18:29:03

Da kann ich den anderen Lesern doch nur zustimmen! Nur weiter so! :)
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Beitragvon ChristineDaae » 05.05.2007, 15:13:25

So... Endlich mal eine Fortsetzung; Jetzt wirds romantisch :wink:
Viel Spaß! :)


4. Kapitel

Unruhig wälzte ich mich von einer Seite auf die andere. Ich konnte nicht schlafen, mein Kopf war viel zu voll von Gedanken. Alles war so schnell gegangen, die letzten Mokante waren wie im Flug vorbei gewesen. Und morgen sollte ich, Elisabeth, Kaiser Franz Joseph von Österreich heiraten. Ich – heiraten! Ich konnte es noch nicht glauben. Und ich sollte Kaiserin von Österreich werden! Ich seufzte und drehte mich wieder in meinem Bett um. Am frühen Abend hatte ich mit Mama über die Hochzeit geredet. Ich hatte ihr gestanden, dass ich Franz wirklich liebte.
»Aber, Mama, ich hab halt solche Angst vorm heiraten, weißt du...«
Mama hatte mir übers Haar gestrichen und gelächelt.
»Du musst keine Angst haben, Sisi. Du lebst eben ab morgen in der Hofburg, aber Papa und ich sind immer noch für dich da, wenn du uns brauchst, das weißt du doch?«
Ihre letzten Worte waren mehr eine Frage gewesen als ein Versprechen. Ich nickte.
»Und...« Mama zögerte einen Moment. Ich zog fragend die Augenbrauen hoch und sah sie an.
»Was denn?«
»Also... Du weißt ja schon, was der Franz und du... na ja... Ich meine... was ihr so... machen werdet, oder?«
Ich wusste nicht, was sie meinte, und erst recht nicht, warum sie so herumstotterte. Gleichgültig zuckte ich die Achseln.
»Ich denke, wir werden eben zusammen leben und gemeinsam essen und alles zusammen besprechen und ich werde ihm bei der Regierung helfen und...«
Mir fiel nichts mehr ein.
»... und so weiter«, schloss ich etwas lahm.
Mama seufzte. »Oh nein... Das habe ich befürchtet... Du hast also keine Ahnung, was sonst zur Ehe gehört?«
Ich wurde immer ratloser. Was meinte Mama nur? Dann fiel mir noch etwas ein. »Ach, und küssen werden wir uns wahrscheinlich, oder?«
»Ja. Und –« In diesem Moment rief Nené nach Mama.
»Wir reden später weiter, ja?« Sie küsste mich noch einmal auf die Stirn und eilte davon.
Dieses Gespräch hatten wir nie fortgesetzt. Ich seufzte.
»Was hat sie nur noch gemeint?«, fragte ich halblaut in die Dunkelheit.
»Soll ich dir zeigen, was sie gemeint hat?«, fragte jemand zurück. Ich zuckte zusammen. Diese Stimme kannte ich doch!
»Wer bist du?«, flüsterte ich mit leicht zitternder Stimme.
Er lachte leise. »Sag bloß, du hast das immer noch nicht erraten...«
»Doch, ich glaube schon... aber... Wie kann das sein? Ich dachte immer, du wärst böse...«
Als er wieder sprach, konnte ich das Lächeln in seiner Stimme fast fühlen.
»Böse? Wäre ich durch und durch böse, könnte ich dich wohl kaum lieben.« Dieses plötzliche Geständnis überraschte mich – obwohl ich es irgendwie geahnt hatte.
Langsam setzte ich mich in meinem Bett auf. Am Fenster stand er, das Licht des Mondes im Rücken. Er war von einer sonderbaren Schönheit; sein samtschwarzer Mantel schimmerte im Mondlicht und ließ seine Erscheinung irgendwie unwirklich erscheinen. Seine sanften Augen ruhten auf mir.
Ich zog etwas unsicher die Bettdecke hoch über meine Brust. Er lächelte immer noch.
»Hab keine Angst vor mir, Elisabeth. Noch ist deine Zeit nicht gekommen.«
Ich stand auf und ging zu ihm. Warum ich das tat, weiß ich bis heute nicht. Wahrscheinlich, weil er immer schon wie ein Magnet auf mich gewirkt hat... Der Teppich unter meinen Füßen war weich und flauschig und ließ kein Geräusch zu.
Direkt vor ihm blieb ich stehen und sah ihm forschend in die Augen. Was dachte er wohl? An seinem Blick konnte ich es nicht deuten, dieser war so unergründlich wie seine Geheimnisse.
Nur wenige Zentimeter trennten uns. Mich überlief eine Gänsehaut, und ich schauderte, aber es war kein unangenehmes Gefühl.
Ich könnte einfach einen Schritt nach vorne machen und ihn küssen, dann müsste ich morgen nicht in die Hofburg, dachte ich beinahe sehnsüchtig und zuckte im nächsten Moment erschrocken zurück. Unbewusst hatte ich mich wirklich nach vorne bewegt und wir hatten und berührt. Nur ganz leicht, so zart, dass ich es kaum gespürt hatte, aber etwas anderes hatte ich gefühlt, etwas, das mich erschreckte.
Ich drehte mich von ihm weg und versuchte, meine Gedanken wieder zu ordnen. Ein leichtes Prickeln im Nacken sagte mir, dass er mich beobachtete. Ich konnte seinen Blick sehen, obwohl ich mich nicht umgedreht hatte. Ich brauchte nur die Augen zu schließen...
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
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