Danke, ihr beiden
@Ariliana: Warts ab...
12. Kapitel - Willst du mich bekehren...
Am Nachmittag telefonierte ich mit Anna. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, sie aus der Sache herauszuhalten, aber als ich ihre Stimme hörte, warf ich diesen Vorsatz schnell über Bord. Mike war alles zuzutrauen; und ich wollte wenigstens vorgewarnt sein.
»Sag mal, Anna, weißt du noch, worum es bei der Wette ging? Also, bei der von Mike und mir?«, fragte ich nach einigen Minuten. Es war kurz still am anderen Ende. »Anna, bist du noch dran?«
»Ja«, kam es aus der Leitung. »Ich überlege nur gerade. Ich weiß nicht mal, was für eine Wette das war... Wann habt ihr denn gewettet? Ich glaube, das habe ich gar nicht mitbekommen.«
»Ich habe das auch nicht mehr mitbekommen, ich hatte wohl schon ein bisschen viel Sekt abbekommen neulich. Er stand jedenfalls heute früh um halb acht bei mir vor der Tür und hat verkündet, er hätte gewonnen.«
»Oje«, kam es von Anna. Ich konnte förmlich sehen, wie sie eine mitleidige Grimasse schnitt. »Ja, ich weiß, Mike kann grausam sein. Aber worüber habt ihr gewettet?«
»Er hat gesagt, es ging darum, wer von uns es schaffen würde, durchzumachen.« Ich seufzte. »Naja, ich habe verloren. Aber dass er mich dann geweckt hat, war wirklich unmenschlich.«
»Und, was hat er gewonnen?«, fragte Anna. Sie klang unverhohlen neugierig.
»Das habe ich dich ja gerade gefragt; ich habe keine Ahnung. Er hat gesagt, ich soll mal drüber nachdenken... Aber ich weiß es einfach nicht mehr. Ich meine, jetzt ist es«, ich sah auf die Uhr, »gleich fünf und ich denke seit heute Früh um acht drüber nach. Kein Plan, ehrlich.«
Anna seufzte. »Ich hoffe, es ist nichts allzu schlimmes«, erwiderte sie. Es sollte wohl scherzhaft klingen, aber ich hörte unterschwellige Eifersucht heraus. Klar – die beiden waren ja zusammen.
»Keine Sorge«, beruhigte ich sie, »wenn er
das gemeint hat, protestiere ich. Ich habe wirklich nicht vor, mich nach Marco sofort dem nächsten an den Hals zu werfen. Schon gar nicht deinem Freund.«
Ich macht eine kurze Pause. »Klar, Mike ist super«, fuhr ich nach kurzem Überlegen fort, »aber, ehrlich: Wenn der einen immer so früh weckt, kannst du ihn behalten.«
Anna lachte. »Danke, das nehme ich gern an. Sag mal, hast du dir eigentlich schon einen möglichen Nachfolger für Marco ausgedacht?«
»Nein!!«, rief ich entsetzt. »Bitte nicht. Am besten nie wieder.«
»So schlimm?«, fragte sie mitfühlend.
»Nein, nein, das war fantastisch. Jedenfalls bis es aus war. Und dann...« Ich schwieg. Anna wusste, wovon ich sprach. Es war noch nicht allzu lang her, dass ich sie hatte aufbauen müssen – bis das Mike übernommen hatte. Wie es aussah, um einiges effektiver als ich.
»Ich muss Schluss machen«, riss mich Annas Stimme aus meinen Gedanken, »Mike ist da. Wenn du willst, frage ich ihn mal, worum es ging.«
»Ja, danke.«
Nachdenklich hängte ich ein und sah einem Vogel nach, der draußen vorbeiflog.
»Verflucht, worum ging es bei dieser verdammten Wette!?«, rief ich ihm nach, sodass die Nachbarn von gegenüber verwundert mein Fenster ansahen. Ich knallte es demonstrativ zu und seufzte.
Ich sah mich in meiner Wohnung um – und musste mich vor Schreck erst mal in meinen Lieblingssessel fallen lassen. Ich saß schon den ganzen Tag hier und hatte nicht gemerkt, wie schrecklich es aussah?
Meine Couch war zerwühlt, eine angebrochene Weinflasche und ein leeres Glas standen auf dem Küchentisch; daneben benutztes Frühstücksgeschirr und zwei leere Jogurtbecher. In der Wohnung verstreut lagen verschiedene Kleidungsstücke; ich hatte mich heute früh nicht entscheiden können, was ich anziehen sollte.
Die Badezimmertür stand offen und gab den Blick auf ein schmutziges Waschbecken und verschiedene herumliegende Handtücher und Schminkutensilien frei.
Ich stand auf. So konnte das unmöglich bleiben. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass in fünf Minuten meine Lieblingssendung kam; also putzte ich in Rekordgeschwindigkeit das Bad und schaltete dann den Fernseher ein. Nebenher räumte ich das Wohnzimmer auf und den Küchentisch ab, von wo aus ich den Fernseher im Blick war. Eine halbe Stunde später schaltete ich den Fernseher aus und sah mich stolz um. Na bitte, das war doch schon viel besser.
Obwohl es draußen schon dunkel war, griff ich nach einer leichten Jacke und ging nach draußen. Ich wollte noch ein bisschen joggen gehen; dabei wurde mir wenigstens warm.
Als ich drei Stunden später müde nach Hause kam, hatte ich zwei Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter.
Erste Nachricht:
»Hi Rike, ich bin´s, Anna. Mike hat gesagt, das mit der Wette ist eine Sache zwischen euch beiden und er verrät es mir nicht, aber ich muss mir keine Sorgen machen – also denke ich, musst du dir auch keine machen. Keine allzu großen jedenfalls... Schönen Abend noch, und ruf mich morgen mal an! Ich will unbedingt wissen, worum es dabei ging. Ciao!«
Zweite Nachricht:
»Rike, hier ist Marco. Wenn du da bist, dann geh bitte hin... Bitte... Naja, du bist wohl wirklich nicht da. Ich wollte dir nur sagen, es tut mir unendlich Leid, was passiert ist. Ich wollte das eigentlich gar nicht, Melissa hat... Aber ist ja auch egal. Fakt ist, es tut mir total Leid. Können wir es nicht noch einmal miteinander versuchen? Ruf mich an.«
Wütend drückte ich die Löschtaste. Was nahm sich dieser Idiot heraus? Wieder bei mir angekrochen zu kommen, nach Melissa!? Nein, da hatte er die Rechnung ohne mich gemacht. Ich zückte das Telefon und wählte seine Nummer. Nach zweimaligem Läuten meldete er sich.
»Hallo?«
»Hallo, Marco, ich bin’s.«
»Rike!« Er klang erleichtert. »Ein Glück, dass du anrufst. Hast du meine Nachricht abgehört? Es tut mir so Leid. Können wir es nochmal versuchen?«
»Das hast du auf meinem Anrufbeantworter schon gefragt.«
»Ich weiß. Ich wollte dich nur nochmal selbst fragen. Also?«
»Vergiss es.«
Ich knallte den Hörer auf die Gabel. Das Telefon läutete noch mehrfach, aber ich ging nicht hin und als sich der Anrufbeantworter meldete, zog ich das Kabel aus der Steckdose.