Danke für die Kommis!
Tja, warum nur, Coco?
Hier kommt gleich noch ein Teil...Etwas war in diesem Augenblick mit mir geschehen. Etwas, das ich nicht verstehen konnte. Sie ging mir nicht mehr aus dem Kopf, ihre Stimme, ihre Augen, ihr Lächeln. Ich nahm mir vor, den Versuch zu starten mit ihr ein Gespräch zu beginnen, sie ein wenig besser kennen zu lernen, und dabei blieb es auch. Immer wieder kamen die absurdesten Dinge dazwischen, bis plötzlich der Abend der Derniere angebrochen war. Danach trennten sich unsere Wege. Fürs Erste.
Dann kam Wien, meine große Chance und das Traumziel einer jeden jungen Sängerin. Als ich mich in diesem strahlend weißen Kleid das erste Mal im Spiegel sah, erschien es mir so unwirklich. Konnte diese Frau mit den funkelnden Sternen im Haar tatsächlich ich sein? Alles war so neu, so aufregend, es gab tausend Dinge zu tun, und darüber hörte ich auf über sie nachzudenken. Mein Bühnenpartner, den ich ebenfalls bereits aus der Zeit von Les Misérables in meiner Heimat Holland kannte, wurde während der nächsten zwei Jahre mein bester Freund.
Die Rolle der österreichischen Kaiserin legte meinen Namen in die Münder der Wienerinnen und Wiener, am Anfang nur in Form von bissigen Kritiken, aber dann ging es bergauf. Wir griffen nicht nur nach den Sternen, wir fingen sie ein. Doch wer hoch steigt, der kann auch tief fallen, das begann ich nach über einem Jahr in der Produktion nach und nach zu begreifen.
„Du siehst müde aus“, bemerkte mein bester Freund an einem Abend. Er hatte recht, ich fühlte mich auch so. Nicht unbedingt körperlich, es war viel mehr eine innerliche geistige Erschöpfung. Die Rolle mit ihrer facettenreichen Tragik zehrte an meinen Kräften, ich brauchte Abstand, es wurde Zeit einen neuen Weg zu gehen.
Bald stand es dann fest, nach zwei Jahren würde ich die Produktion verlassen, die mich ganz nach oben gebracht hatte. Doch es hielt mich in Wien, ich wollte dieser Stadt mit ihrem ganz eigenen Flair noch nicht den Rücken zuwenden. Vielleicht war es Schicksal. Der Name, der in der Besetzungsliste nun an meiner Statt stehen würde, sollte meine Welt durcheinander bringen. Es war ihr Name. Ich kaufte mir eine Karte für ihre Premiere im September.
Es war ein eigenartiges Gefühl im Publikum zu sitzen und sie auf der Bühne zusammen mit meinem besten Freund zu sehen. Die beiden harmonierten gut, es machte mich glücklich, dass gerade sie meine Nachfolgerin geworden war. Ironischerweise berührte mich das eine Lied am meisten, das tatsächlich für mich dazu geschrieben worden war.
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn,
doch zum Wahnsinn fehlt mir der Mut.
So spiel ich die Starke und tu was ich tu,
als wär dieses Leben mehr als Täuschung, Irrtum, Betrug.
Als wär nichts, nichts, gar nichts genug.Nach der Vorstellung ging ich wie die jungen Mädchen zur Bühnentür. Ich hielt mich im Hintergrund, beobachtete amüsiert die Szenerie. Noch vor Kurzem war ich selbst mittendrin gewesen, Autogramme gebend, lachend, schwatzend. Zusammen mit meinem besten Freund. Als er heraus kam, grinste ich leicht. Er wurde sofort begeistert umschwärmt. Dann trat sie in die Gasse, aber im Gegensatz zu mir, waren es nur wenige, die sich gleich um sie scharten. Zufällig hörte ich zwei an mir vorbei gehende Mädchen miteinander reden.
„Es ist so schade, dass sie nicht mehr spielt, sie ist einfach die Beste“, kommentierte die eine.
Die andere nickte zustimmend. „Ausgerechnet die mussten sie statt ihr nehmen… Zum Glück ist zumindest er noch da.“
Ein Lächeln umspielte meine Lippen, kurzerhand trat ich auf sie zu, die gerade jemandem ein Autogramm auf das Programmheft schrieb. Sie sah auf, unsere Blicke begegneten sich, und sie lächelte gleichfalls.
„Du warst großartig“, sagte ich zu ihr. „Einfach großartig.“
Jetzt regte sich nicht nur in ihrem, sondern auch in den Gesichtern der anderen das Erkennen. Einige Mädchen musterten mich voller Erstaunen und den beiden von vorhin, die sich eben umgewandt hatten, schienen ihre Äußerungen über meine Nachfolgerin nun unangenehm zu sein.