Der Graf von Monte Christo - Wiederaufnahme - 09.10.10

Wie gefiel euch eine Vorstellung und was würdet ihr kritisieren?

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samohTtrehcroB
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Der Graf von Monte Christo - Wiederaufnahme - 09.10.10

Beitragvon samohTtrehcroB » 11.10.2010, 11:02:06

Der Graf von Monte Christo - Ein Auf und Ab bei der Wiederaufnahme, und doch grandios!!

Ein kleines Jubiläum war´s diesmal auch für mich: zum zehnten Mal sah ich das Musical "Der Graf von Monte Christo" im Theater St.Gallen. Bis auf die Weltpremiere (diese konnte ich aus der zweiten Reihe genießen) habe ich alle Vorstellungen aus der ersten Reihe erleben können, von links und von rechts, und aus der Mitte. Letzteres war es auch bei der gestrigen Wiederaufnahme. Ich versuche mal all das hier nieder zu schreiben, was mir auffiel... Positives, Negatives, Kurioses usw.

Gleich zu Beginn der Show, schon nach den ersten Takten, kam es mir vor, als wäre das heute recht leise. Es "krachte" nicht so wie sonst. Den Gedanken aber verwarf ich gleich wieder, vielleicht täusche ich mich ja auch. Koen, bist du da? - Und der Blick vor mir in den Graben bestätigte das, Maestro am Pult, das wird schon. Und dann wurde es auch laut.

Gleich in der ersten Szene, das Wiedersehen von Mercedes und Edmond: Sophie Berner singt an einer Stelle nicht weiter, so dass Thomas recht sparsam schaut, denn wenn sie den Part "mein Edmond wird einmal Kapitän, dann trag ich ein Hochzeitskleid" nicht singt, kann er seinen Part zwar weiter singen, aber textmäßig haut das dann nicht so ganz hin: "Sehr viel früher, als du denkst mein Schatz, noch bevor die Flut heut steigt".
Sophie fiel dann aber wenigstens die zweite Zeile ihres Parts wieder ein, und sie sang das dann mit Verspätung, und eben ein bisschen schneller.

Die Show lief weiter, und es kam mir holprig vor. Es lässt sich schwer beschreiben, keine wirklichen Fehler, aber das Gefühl, dass ein Teil der Cast heute kämpft und sich von Szene zu Szene und von Lied zu Lied hangelt, ließ mich einfach nicht los. Mitunter konnte ich mir ein Grinsen und einen leicht skeptischen Blick nicht verkneifen.
Ab und zu stellte ich mir schon die Frage: "Was macht der denn da?" Oder manchmal war´s auch einfach nur ein: "Häää?!?"

Die Szene mit Abbe Faria im Kerker: Dean´s Mikro war wieder einmal "doof verlegt". Das rauschte hin und wieder so, dass man gar nichts verstand, oder er war eben zu leise. Super, dann spinnt die Technik eben heute auch, macht ja nichts. Scheinbar verunsicherte die Beiden (Thomas & Dean) irgendetwas, denn um ein Haar hätte Thomas beim Herausklettern aus dem Boden die eine Luke auf die Zwölf bekommen, Dean sah das ein Glück und konnte die gerade noch wieder abfangen.
Und spätestens in der Szene, in der Abbe Faria stirbt, hatte Thomas den Fight gegen den Text dann auch verloren. "Just improvise" scheint ihm da wieder eingefallen zu sein, und so hörte man dann bei "Könige über Nacht" zwei Textzeilen, die nicht von Jack Murphy stammen und die man auch sonst bis dato noch nicht gehört hatte.

Dann die Piraten: die Chefin der Piraten, Luisa Vampa, wird jetzt von Ines Hengl-Pirker gespielt. Sie trat ein schweres Erbe an, denn Ava Brennan war perfekt. Diese hier ist eine ganz andere Piratenbraut. Sehr viel gewitzter, noch lauter und auffälliger, wenigstens beim Sprechen und Spielen - so sehr, dass es teilweise übertrieben wirkte. Ihr Gesang dagegen war eher leise. Diese Luisa spielt nicht so ernst, sie macht sich in den meisten "Begegnungen" und Dialogen mit Edmond sogar lustig über diesen. Ob das so gewollt war, oder ob doch die Nervosität einiges bei ihr übernahm, bleibt abzuwarten. Mal schauen, wie sie die nächsten Shows meistert.

Die Pause rückte immer näher, welch ein Glück, dachte ich mir. Im zweiten Act wird´s sicher besser. Doch dann kam die Szene mit dem riesigen Spiegel. Es ist ja bekannt, dass der an Seilen hängt, aber dass der so tief fällt, noch dazu mit einem unüberhörbaren "Rucken" und dann ordentlich wackelt, das war neu und vor allem erschreckend. Zwischen diesem und der Bühne waren dann auch nur noch etwa 30cm. Thomas und die Mädels liegen ja quasi vor dem Spiegel und ich dachte in der Szene nur daran: bitte lass diesen Spiegel da jetzt nicht auch noch komplett runterfallen. Er blieb hängen, aber das mulmige Gefühl verschwand dann erst bei "Hölle auf Erden", denn in der Szene, in der Edmond den Spiegel "anschreit" wackelte der immer noch leicht.

Im zweiten Act wird alles besser, muss ja so sein. Alle sind warm gespielt, doch diese Hoffnung machte "Albert" gleich in den Katakomben zu nichte. Die ersten Töne von „Ah Frauen“ waren nicht die von Daniel Berini gewohnten.
Später, als er seine Verlobte Valentine Villefort dem Grafen vorstellt, glänzte dann auch er in der Disziplin "Textsliding".

Das Ensemble "schwamm" dann auch ganz gut, bei "So wie man hört". Da sangen scheinbar Ensemblemitglieder bestimmte Textpassagen, die das vorher nie gemacht hatten, denn das klang sehr anders, nein nicht anders, das war schief.

Der Rest lief ohne große Vorkommnisse weiter. Dass Thomas dann bei seinem Solo "Der Mann der ich einst war" Koen und das Orchester kurz vor Ende des Songs noch überholt hatte, fiel dann auch nicht mehr auf. Denn ganz am Ende waren sie wieder perfekt beisammen. Allerdings, je länger die Aufführung lief, je mehr schwächelte das sonst so geniale Orchester. Beim Finale gab´s da in einer sehr ruhigen Szene Töne, die fast weh taten in den Ohren, so als wenn ein altes Tonband leiert.

Der Fight zum Schluss zwischen Edmond und Mondego war spitzenklasse, und als Edmond dann seine Mercedes oben auf dem Gerüst dann endlich in den Arm nehmen konnte, fielen mir sogleich die witzigen, positiven Dinge der Show auf.
Zum Beispiel nämlich, wie besonders lieb und herzlich Edmond war, beinahe sanft zu Mercedes, die beiden hatten sich viel zu erzählen und haben mehr geknutscht als sonst.

Es wird jetzt Zeit, die geilen Sachen aufzuzählen: Ganz besonders toll gespielt war die Szene, als Edmond und Mercedes sich wiedertreffen und sie ihn sofort erkennt, kurz vor dem Song "Diese Augen / Der Mann ist tot". Das war bei der Wiederaufnahme wirklich das erste Mal, dass mir diese Szene so richtig gut gefallen hat. Er will ihre Hand küssen und sie reißt sie ihm vor Schreck richtig weg. Diesmal wartet sie etwas und geht nur einen Schritt zurück, bevor sie wegschaut und weggeht... sie wartet und schaut ihn ungläubig an. Allein das machte diese Szene so intensiv, wirklich klasse. Denn bei allen anderen Vorstellungen ging mir all dies immer viel zu schnell. Gestern Abend war´s perfekt.
Überhaupt: Thomas und Sophie waren im Zusammenspiel richtig gut, alle ihre gemeinsamen Szenen wirkten wunderbar authentisch. Auch die Szene "Ich hab ihn verlassen..." boaaaah, einfach nur gut. Diesmal war Thomas derjenige, der die Szene zieht und wartet: "Das bin ich auch, aber... aber... ich wurde... .... ... wiedergeboren." und wieder nimmt er sie viel sanfter als sonst, beinahe zärtlich in Arm und küsst sie... bis, ja bis Mondego stört.

Alles in allem war das eine wirklich interessante Show, auch wenn mal hier und da etwas nicht passte. Dafür gab´s in anderen Szenen eben Dinge zu erleben und zu hören, die selbst ich noch nicht kannte.
Übrigens gab es auch Darsteller, die sich von irgendwelchen Nervositäten nicht beeindrucken ließen. Ich habe jetzt lange überlegt, beim Schreiben viel Zeit gehabt, aber die drei Bösewichter (Chris, Karim & Carsten) spielten gänzlich ohne "Fehler".

Hier mal die Kurzform:
Thomas kämpfte im ersten Akt mit seinem Text - ich hatte das Gefühl, er macht sich viel zu viele Gedanken über jede Zeile... schauspielerisch ganz stark, auch körperlich topfit, gesanglich ohne Fehl und Tadel.
Sophie war nur einmal beim Text unsicher.
Carsten spielte souverän durch, genau wie Chris und Karim, aber irgendwie waren die ganz besonders böse und fies*gg*, vor allem Carsten und Karim.
Dean hatte nur das Mikroproblem und "rettete" Thomas den Kopf.
Daniel sang einmal schief und verschluckte sich bei der Vorstellung seiner Verlobten Valentine Villefort - das sind aber auch zu viele Vs auf einmal.
Ines spielte quirlig, teilweise albern, und singt noch zu leise.
André war auch gewohnt gut.

Dass die Wiederaufnahme-Show keine Alltägliche war, sondern eine ganz Besondere freut mich im Nachhinein. Denn so kam ich mal wieder in die Verlegenheit, selbst einen Bericht zu verfassen.

Im Anschluss an die Show kamen wir (meine Freundin Becky und ich) in den Genuss, mit Christoph Goetten und Daniel Berini noch zu quatschen. Was wir aber kurz davor mit ansehen mussten, bezeichne ich als den traurigen Höhepunkt des Abends. Eine Gruppe zugereister TdV-Fans aus einem Nachbarland der Schweiz hatte zwischenzeitlich den Bühneneingang des St.Galler Theaters so verwandelt, dass man dachte, man wäre in Wien. Das allein war schon ein Novum. Das Schlimme nur, man benahm sich auch wie daheim. Es gab da auch kein anderes Thema wie nur "Vampire". Wirklich passend nach diesem Musical.
Thomas kam nach der Show als erster heraus, und schaffte zwei Schritte hinter die Tür. Geduldig und gut gelaunt schrieb er Autogramme, machte das ein oder andere Foto und bedankte sich artig. Und dann wollte er eigentlich nur gehen, Feierabend machen.
Nur mal so als Tipp am Rande: Wenn Thomas mit einem Lächeln im Gesicht "Okay, schönen Abend noch." von sich gibt, das Ganze dann auch noch 4 mal (!!!) wiederholt, und jedes Mal einige Schritte zur Seite um jemanden herummacht, dann heißt das, dass er gehen möchte!! Vielleicht sollten einige Leute mit ihren Antennen mal ein wenig Finetuning betreiben, dann merkt man sowas auch und kann diesen Wunsch respektieren. Diesen Respekt hat er nicht nur verdient, sondern er darf ihn auch erwarten.
Aber… was bei der „Langen Nacht der Museen“ in Wien gar nicht zu sehen war, zeigte er am Samstag Abend wieder: seine Professionalität, den Ärger darüber zu überspielen.
Für meine Freundin tut´s mir im Nachhinein leid, sie hatte für eine Freundin aus NRW eine Autogrammkarte dabei und wollte diese gern unterschreiben lassen. Keine Chance, nicht mal ansatzweise, und aus Respekt gegenüber Thomas hatte sie sich nach dieser Belagerung entschieden, ihn gehen zu lassen, ihn ein anderes Mal zu fragen… und ihm nicht auch noch hinterherzurennen und am Jackenärmel zu ziehen.
Thomas Borchert: "Ich liebe meinen Beruf, ich liebe es auf der Bühne zu stehen, ABER DER GANZE RUMMEL DRUM HERUM IST WIRKLICH NICHT MEINES."

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Re: Der Graf von Monte Christo - Wiederaufnahme - 09.10.10

Beitragvon Elphaba » 12.10.2010, 01:24:03

Danke für deinen ausführlichen Bericht!

Naja, vermutlich ist es ja für das Ensemble die erste Vorstellung nach langer Pause gewesen und die müssen sich alle erstmal wieder aufeinander einspielen. :)

Jaja, es gibt da so fanatische Fans... Auch immer gerne an jedem Ort wieder, da sie ja auch reisefreudig sind... :?

Aber wie ich dich kenne, bist du ja innerhalb kürzester Zeit auch wieder auf einer Veranstaltung mit T.B. und hast da nochmal die Gelegenheit an das Autogramm zu kommen.
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Re: Der Graf von Monte Christo - Wiederaufnahme - 09.10.10

Beitragvon dasvolk » 12.10.2010, 19:59:51

Hallo samohTtrehcroB, schön das es dir im Prinzip doch gefallen hat! Bei so einer Wiederaufnahme sind doch alle sehr angespannt gerade wenn es so lange liegt und nicht gespielt wird und dafür Respekt! Das mit dem Spielgel war kein Technischer Fehler sondern ein kleiner Fehler von einer Darstellerin. Sie hat die Wasserpfeife genau dahin gestellt wo der Spiegel herunterkommt und dabei gab es dieses Geräusch als die Wasserpfeife nachgab! Keine Angst der Spiegel kann absolut nicht herunterfallen er ist an vier Punkten verhängt und da kann ein seil auch reisen und das Ding bleibt immer noch da oben! Du hättest dich bei der Wiederaufnahme bestimmt auch köstlich amüsiert, da waren doch noch ein paar mehr Unsicherheiten!

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Re: Der Graf von Monte Christo - Wiederaufnahme - 09.10.10

Beitragvon samohTtrehcroB » 13.10.2010, 13:02:24

Elphaba hat geschrieben:Aber wie ich dich kenne, bist du ja innerhalb kürzester Zeit auch wieder auf einer Veranstaltung mit T.B. und hast da nochmal die Gelegenheit an das Autogramm zu kommen.


möööööööööglicherweise diesen Sa. wieder :lol: Chris meinte im Anschluss zu mir, ich solle doch nexten Sa. auch wiederkommen, mit der Begründung, er und seine Kollegen müssten ja auch immer extra anreisen... :D :D na das war´n gutes Argument :lachtot:

@ dasvolk: hey ein Insider, klasse... doch, ich geb dir da Recht, da war schon noch mehr, es passte manchmal das Timing nicht... und einige Male standen Darsteller nicht da, wo sie sollen oder sonst üblicherweise stehen... das war dieses seltsame Gefühl, was ich da hatte, wo ich mich einige Male schon gewundert hatte...
Bei der Vorstellung des Staatsanwaltes z.B. war Chris auch ´nen Tick zu spät dran, obwohl er das ja eh immer so spielt, aber Chris hatte ohnehin ein Lob bekommen von der Abendspielleitung...
Alles in allem war das trotzdem eine klasse Vorstellung, und am schönsten war´s eben, dass Thomas & Sophie so toll zusammen schauspielen, wie im Film... wirklich geil!
Thomas Borchert: "Ich liebe meinen Beruf, ich liebe es auf der Bühne zu stehen, ABER DER GANZE RUMMEL DRUM HERUM IST WIRKLICH NICHT MEINES."


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