armandine hat geschrieben:Danke, Adriana und Elphaba, ihr habt meine Meinung genau ausgedrückt. Wenn man eine Produktion nicht live gesehen hat, sollte man nicht beleidigend werden. Und dann auch noch dem begeisterten Publikum Dummheit zu unterstellen (und ich habe mehrere Vorstellungen in verschiedenen Städten gesehen), weil sie es angeblich nicht besser wissen, ist unterste Schublade. Diese Sorte Arroganz kenne ich Gott sei Dank sonst nicht von Musicalfans. Für mich gilt, dass ich eine Meinung nur dann ernstnehmen kann, wenn die Person das Stück bzw. die Inszenierung gesehen hat. Und im übrigen: auch die Interpretation des Autors ist nicht die einzig mögliche!
So schaut es aus! Es gibt auch Leute, die die "Non-Plus-Ultra"-Inszenierung kennen und trotzdem andere auch gut finden, dass auch andere Inszenierungen ankommen ist also mitnichten zwingend ein Zeichen dafür, dass sie nicht wissen, dass es auch besser geht. Genau diese Aussagen sind es, die mir sauer aufstoßen. Es geht ja nicht darum, auf einen Nenner zu kommen, die einen sind offener für Interpretationen, die anderen weniger, das liegt in der Natur der Sache und ist ja auch in Ordnung. Es kommt aber auch auf die Art und die Fairness der Meinungsäußerung an. Was stört ist die Tonalität, die eigene Meinung und Sichtweise als besser darzustellen, nur weil sie der des Autors entspricht. Dass dieser die alleinige Deutungshoheit über das Stück besäße, ist nur eine von vielen möglichen Sichtweisen und beispielsweise in der Kulturwissenschaft stark umstritten. Dagegen, das so zu sehen, hätte sicher niemand etwas einzuwenden, wenn das auf faire Art geäußert würde. Aber nur ein paar Bilder gesehen zu haben und aufgrund dieser eher dürftigen Grundlage von kläglichem Versagen und widerlichen Inszenierungen zu sprechen, hat meines Erachtens mit Fairness rein gar nichts mehr zu tun, es zeugt für mich vielmehr von fehlender Wertschätzung der Arbeit der Beteiligten gegenüber und von einer fehlenden Offenheit für andere Sichtweisen, die man nicht natürlich weder übernehmen noch für richtig befinden muss - aber respektieren und gelten lassen sollte man sie, und wenn derart mit dem verbalen Holzhammer argumentiert wird, dann sieht es zumindest der Tonalität nach nicht danach aus, als sei dies gegeben. Damit ist aber letztlich die Ebene, die es für eine furchtbare Diskussion braucht von vornherein unterschritten, die ist nämlich nur möglich, wenn man die eigene Meinung als eine von vielen möglichen Sichtweisen vertritt, daran interessiert ist, auch die der anderen zu erfahren und sich mit diesen offen auseinanderzusetzen - auch wenn man den eigenen Standpunkt beibehält. Und genau danach klingt es eben nicht, die Tonalität der Kritik sagt vielmehr aus "Ich weiß wie es richtig ist, auch der Autor sieht es so wie ich, daher muss es ja stimmen, und wer das nicht einsieht, hat einfach nur keine Ahnung, sei es nun Regisseur, Darsteller oder Zuschauer". Sollte das so nicht gemeint sein, entschuldige ich mich für das Missverständnis, aber genau so kommt es nicht nur bei mir aufgrund der drastischen Formulierungen rüber. Es scheint nicht um Austausch zu gehen, sondern darum den anderen klarzumachen, dass sie falsch liegen.
Mein Urteil zur Tour werde ich mir übrigens dann bilden, wenn ich sie besucht habe - nächste Woche Sonntag ist es so weit. Es wird wohl so sein wie bei den anderen Shows auch, dass es meiner Meinung nach positive und negative Aspekte gibt, vielleicht bin ich sogar restlos begeistert und teile dann die Meinung, es sei die beste Inszenierung, ich bin gespannt.